Schlaraffenland

„Um das ganze Land herum ist aber eine berghohe Mauer von Reisbrei. Wer hinein oder heraus will, muss sich da erst überzwerch durchfressen.“ Ludwig Bechstein, Das Deutsche Märchenbuch, 1845, Das Märchen vom Schlauraffenland

An das Märchen musste ich heute Morgen denken, als ich die Liebste in’s Büro verabschiedete und mit dem kleinen Weltmeister Gassi gehen wollte. Unser Eingang ist mittlerweile fast zugewachsen. Wer uns besuchen will, wird sich bald durch fressen müssen. Nicht durch klebrigen Reisbrei, aber durch Tonnen von knackigen Zucchini und Tomaten. Schlaraffenland remastered, sozusagen. Zeitgemäß auf die Linie achtend nacherzählt. Und das passt ja nun wirklich, wo wir doch gerade unser Abnehm-Programm durchziehen.

„Die alten und garstigen …Frauen… (denn ein Sprichwort sagt: wenn man alt wird, wird man garstig) kommen in ein Jungbad, damit das Land begnadigt ist; das ist von großen Kräften; darin baden die alten Weiber etwa drei Tage oder höchstens vier, da werden schmucke Dirnlein daraus von siebzehn oder achtzehn Jahren.“

Unser Jungbrunnen heißt Sportstudio. Wir baden darin zweimal die Woche und sind auch schon ein paar Tage jünger geworden. Zumindest fühlen wir uns so (gut: nicht direkt nach dem Sport, da ist es eher umgekehrt). Die Liebste werde ich allerdings schon weit vor Erreichen der 30-Jahre-Marke aus dem Bade entfernen. Sonst komme ich da einfach nicht mehr mit. Hinter jungen Dingern her rennen zu müssen widerspricht ja auch dem schlaraffenländischen Grundgedanken.

„Die Spanferkel geraten dort alle Jahre überaus trefflich; sie laufen gebraten umher und jedes trägt ein Tranchiermesser im Rücken, damit, wer da will, sich ein frisches saftiges Stück abschneiden kann.“

Nun gut, bei uns ist es ein Hund. Und gebraten ist er auch noch nicht. Für Koreaner wäre er ja das passende Equivalent zum Schweinchen. Wir lieben zwar die asiatische Küche und haben unseren kleinen Spanier auch zum Fressen gern. Und manchmal wünsche ich ihn auf den Grill, den alten Satansbraten, wenn er nicht hören will. Trotzdem ist er als Nahrung tabu. So ist unser Schlaraffenland wohl noch nicht ganz perfekt. Aber wir arbeiten daran …



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