Frauenklischees oder die ungeschminkte Wahrheit?

„Ja früher! Früher war des noch eifach! Da war en Mann all des, was e Fraa net war! De Mann war stark, die Fraa schwächlich! Der Mann hat sich rasiert, die Fraa net! Die Fraa hat Kinner gekrieht, de Mann net! Un heut? Die Fraa krieht kei Kinner mehr, rasiert sich die Baa und is mitem Schlappschwanz verheirat! Da stimmt doch gar nix mie!”

Miss Vulkania der Herzen © TheodoBo

Urrsella Kraft aus Stockheim, die „Miss Vulkania der Herzen“ (Stockheim liegt am Fuß des erloschenen Vulkans Vogelsberg) zieht vom Leder, schwadroniert, wie ihr Wetterauer Schlappmaul gewachsen ist. Sie weiß Bescheid über die Rolle der Frau. Schließlich ist sie mit ihrem Ernst genug gestraft. Es ist ihr voller Ernst mit ihrer Meinung. Und wenn sie ihren Göttergatten so beim Saufen beobachtet, bekommt die Redewendung vom vollen Ernst eine ganz neue Bedeutung für sie. Ihre Fülle stört sie nicht die Bohne. Im Gegenteil: Fast schon grazil tänzelt sie über die Bühne, erzählt von ihren Erlebnissen bei den Landfrauen und dem Singkreis der Volkshochschule. Sie singt ihre liebsten Schlager und als sie das Publikum bittet, einen Finger zu heben, erkennt sie ganz viele Freiwillige für eine gemeinsame Aufführung des alten Schlagers vom Sonnenuntergang auf Capri. Im VHS-Kurs „Musizieren ohne Instrumente“ hat sie gelernt, wie man Mandolinen täuschend echt simuliert und übt dies mit dem Publikum ein. Frau Kraft singt aus vollen Kräften und dirigiert die Mandolinenschaar. Und die Leute kriegen vor Lachen kaum noch einen Ton raus.

Markus Karger ist Frau Kraft, wie sie (be)leibt und lebt. Eines von vielen herrlichen Frauenklischees, die das „Theater ohne doppelten Boden – Theodobo“ am Samstag zu besten gab. „Frauenklischees und Weibsbilder – Der alltägliche Wahnsinn von, mit und über Frauen“ heißt das Stück von Markus Karger. An seiner Seite Sylvia Oster, die die anderen Klischeeweiber gibt: Karrierefrau oder „Perlhuhn“. Sie zeigt uns Entspannungstechniken, die sie auf feministischen Seminaren gelernt hat: Wie man durch das dritte Auge ein- und durch die Füße wieder ausatmet. Ganz wie aus dem richtigen Leben: zum Brüllen komisch! Präsentiert von Gerd Ungermann, dem dritten in Theodobo-Bunde

Vor der Vorstellung im intimen Cafe im ehemaligen Pferdestall des Büdinger Schlosses zieht Sylvia Oster von Tisch zu Tisch. Sie ist Tilly, die Beauftragte der Verschönerungskommission der EU und möchte das Publikum ganz individuell bei der Bewältigung der dringlichsten körperlichen Probleme beraten. In der Liebsten und mir findet sie dankbare Opfer Objekte: Sie empfiehlt uns ein Vollbad in ihrer innovativen Lotion und zeigt uns eine Flasche Geschirrspüler mit neuer „Fettlöseformel“. Sehr witzig, Frau Tilly, sehr witzig!

An mir hat sie natürlich ein hervorragendes Opfer gefunden: Gleich zur ersten Nummer bittet sie mich, eine Hand zu erheben und nimmt dies als Meldung eines Freiwilligen, ihr auf die Bühne zu folgen. Dort setzt sie mich auf einen Stuhl, wickelt mich mit Noppenfolie ein und drückt mir ein Schild in die Hand: Adonis 3000. Die Frau hat Geschmack! Dann liest sie aus der Gebrauchsanleitung ihrer neuen Errungenschaft, dem Adonis 3000, vor. Wie unkompliziert und einfach er in der Haltung sei, wenn man nur ein paar Dinge beachten würde. In vielem konnte ich sie da nur bestätigen. Nur in einem nicht: dass ich IHR Adonis 3000 bin, sondern schon längst der geliebten Froschkönigin gehöre und lediglich für die Show ausgeliehen war.

Der Abend war einfach köstlich. Ein schönes Beispiel, wie man auch mit kleinem Budget und minimalem Aufwand den Leuten einen tollen Abend bereiten kann. TheodoBo, wir sehen uns bald wieder!

Markus Karger, Sylvia Oster und Gerd Ungermann sind TheodoBo

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