41 Jahre sind genug!

1970 habe ich Joe Cocker zum ersten Mal gesehen, fast live. Im Woodstock-Film. Und mir war damals schon klar, dass du den niemals wirst live erleben können. So einer würde nie nach Germany kommen. Im Film faszinierten mich seine blauen Wildleder-Boots mit silbernen Sternen drauf. Die hätte ich auch gerne gehabt.

Ein paar Jahre später fand ich solche Boots auf der Portobello Road in London und schlug zu. Mein ganzes Erspartes ging drauf. Die Schuhe hielten ein paar Wochen, dann fielen sie auseinander. Immerhin kam Cocker nun auch nach Deutschland, aber ich konnte es mir, der Schuhe wegen, nicht mehr leisten. Und noch später, als ich es mir hätte leisten können, konnte er nicht mehr kommen. Der Alkohol hatte ihn buchstäblich  von der Bühne geholt. Dann fing er sich wieder und hatte in furioses Comeback. Nun setzte ich alles daran, ihn einmal zu sehen. Aber der Terminteufel oder die zu schnell ausverkauften Konzerte wollten es nicht.

Nun, 41 Jahre danach hatte mir mein Schatz die Karte geschenkt. Was hab ich mich auf dieses Konzert gefreut. Und gleichzeitig war ich enttäuscht. Denn die letzten Alben waren nicht so toll, wie ich ihn liebe. Gut, es gab immer wieder diese Ohrwürmer: You can leave your hat on, N’ublier jamaiz, so etwas. Für mich war Cocker immer der Cocker von seinem ersten Album gewesen: Maddogs and Englishmen. Mit dem unvergleichlichen „With a little help…“ Das neueste Album ist so gar nichts. Und alt war er eben geworden. Wie ich. Was sollte das also für ein Konzert werden? Die Demontage einer Legende?

Die äußeren Anzeichen verhießen nichts Gutes: Regen war angesagt, kalt war es und das ganze im Freien, unbestuhlt. Das wiederum hieß, frühzeitig da sein, damit man einen guten Platz bekommt. Und das bedeutet lange rumstehen. Zu allem Überfluß dann eine Vorgruppe aus München, die sich alle Mühe gab, aber gegen den Regenfrust chancenlos war. Die Hoffnung, gleich danach käme der Meister, verflog, als nun erst mal die HR1 Band des Jahres angekündigt wurde. Eine 80er-Coverband. Die waren schon sehr gut, zugegeben, aber ich war so sauer, noch eine weitere Stunde rumstehen zu müssen. Höre ich ansonsten diese Musik ganz gerne (und HR1 ist sowieso mein Stammsender), ging sie mir diesmal einfach auf die Nerven. Es regnete Bindfäden, ich fror und die Füße taten weh. Der Abend schien gelaufen.

Und dann kam er! Ganz unspektakulär. Erst seine Band, eine leckere (Originalton der Liebsten) Truppe mit rassiger Bassistin und zwei sexy Background-Sängerinnen. Erste Lichtblicke. Und der Regen hörte auf. Dann legte Joe Cocker los, als seien keine 42 Jahre seit Woodstock vergangen. Und das schönste: Ganz viel Songs aus der Anfangszeit. Die Band authentisch, bester Sound, Woodstock-Feeling kam auf. Joes Stimme natürlich schon alterslädiert, aber bei weitem nicht so, dass es gestört hätte. Einfach ein bisschen rauher und manche Töne wollen nicht mehr rauskommen, egal, wie er sich auch sichtbar anstrengt.

Hit auf Hit wird abgeliefert. Genau das war es. Bestellt und geliefert. Nicht ein Wort der Begrüßung, kein Geschäker mit dem Publikum. Ein einziges „Danke schön“ und die Vorstellung der Band, das war’s. Ein bisschen arrogant kommt das schon rüber. Aber was soll’s. Cocker live! Regen? Scheiß drauf, der Alte ist geil und bringt es noch. Nur der Titelsong seines neuen Albums, ansonsten nur alte Hits. Es hätte stundenlang so weiter gehen können. Aber nur eineinhalb Stunden waren es dann, inkl. Zugabe. Na gut, zollen wir seinem Alter Respekt. Und unsere Knochen machten sich ja auch bemerkbar. Vier Stunden rumstehen ist einfach zuviel.

Wieder eine Legende erlebt. Nun bleiben noch AC/DC, ZZ Top, McCartney und die Stones. Mal sehen, vielleicht schaffen wir es noch.

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