Ritter der Tafelrunde

Warum arten unsere Verwandschaftsbesuche eigentlich immer in wahre Tafelschlachten aus? Irgend etwas ritterliches muss in uns stecken, dass wir uns meist um eine reich gedeckte Tafel scharen und reinhauen, als würde unsere Burg demnächst sieben entbehrungsreiche Jahre belagert werden. So war es auch vergangenes Wochenende in Harburg bei Schwiegermama.

Sie schwärmt genau wie wir von fetten Koteletts und so wollten wir ihr endlich mal diese fantastischen Stücke vom Schwäbisch-Halleschen Landschwein mitbringen. Wie oft hatten wir ihr den Mund gewässert mit unseren detailreichen Beschreibungen des breitesten Fettrandes, den sie sich nur vorstellen kann. Aber ausgerechnet die bestellten Koteletts waren diesmal nur sehr dürftig mit diesem Rand der Begierde bestückt. Sommersäue sind nicht so fett wie die im Winter, wo sie den Speck gut gebrauchen können.

Trotzdem waren die Koteletts eine Offenbarung: Groß wie Wagenräder, zart wie Marzipan und saftig wie Pfirsiche. Allein die Größe scheint den Eingeborenen im Ried fantastisch vorzukommen: Ein Freund von Amira, der zu Gast war, bemerkte trocken, so etwas kenne er nur von den Simpsons. Amira dagegen konnte sich gar nicht mehr wegen der glasierten Möhrchen einkriegen, die sie mit Stielansatz verputzte. Nur mein Kartoffel-Erbsenpürree mit Speckzwiebeln kam bei den spätzlegewöhnten Schwaben weniger gut an. Als Abschluss dann eine fluffige bayerische Creme mit fruchtiger Sauce von Amira gezaubert.

Abends Brückenfest in Harburg vor der tollen barocken Kulisse der Altstadt. Leider im Regen. Aber was solls: Innerlich wie äußerlich stark eingenässt und in Begleitung von jungem Gemüse lässt sichs besonders gut feiern.

Am Sonntag dann das typische Hausrezept der Familie: Soßknöpfle. Spätzle in Bratensoße mit Schweinebraten, Kartoffel-Gurkensalat und Bratensoße (diese reichlich, damit der staubtrockene Braten besser rutscht). Ein Gericht, mit dem ich so meine Probleme habe. Denn üblicherweise werden alle Komponenten auf dem Teller so zusammengemanscht, dass man meinen könnte, es sei schon einmal verdaut worden. Diesmal gab es zum Braten jedoch noch geschmorten Schweinebauch, eine köstliche Alternative, die mir das Essen rettete, zumal ich alles preussisch korrekt getrennt auf dem Teller platzierte.

Trotz vollen Bauches (und leider mit ihm) dann auf die Harburg, eine der besterhaltensten Burgen Deutschlands und endlich mal eine Führung mitgemacht. Die Führerin war absolute Spitze und hat uns das Leben in einer Burg so anschaulich vermittelt, dass ich anschließend froh war, unsere Tafelrunden doch besser in neuzeitlichem Luxus genießen zu dürfen. An der Seite des bezauberndsten Burgfräuleins, einer geborenen von und zu Froschkönigin.

 

Ein Gedanke zu “Ritter der Tafelrunde

  1. …da sitzt er nun am Brunnenrand , der einsame Wasserplatscher , aber wo nur ist die goldene Kugel , die er aus der Tiefe des Brunnens holen sollte ? Versteckt er sie gar unter seinem blauen Gewande ? …Das wäre eine neue Version der bisher gekannten Story …mich dürstet nach Aufklärung 🙂

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