Frankfurter Botschaft

Die Liebste hatte bei Groupon zugeschlagen und ein 5-Gänge-Menü in der Frankfurter Botschaft für zwei Personen ergattert. Für heute Abend, Dienstag, hatten wir reserviert und machten uns auf in die kleine Großstadt Frankfurt. Es begann weniger prickelnd mit der Suche nach einem Parkplatz. Der aufgeschickte Westhafen mit seinen Glaspalästen und Appartement-Häusern im Wasser beeindruckt mit toller Architektur, enttäuscht den parkwilligen Automobilisten aber auf’s Tiefste. Mir ist schleierhaft, warum man städteplanerisch zwar die Menschen wieder in die City locken will, aber den Autofahrer konsequent vor der Tür lässt. Kein Parkhaus weit und breit und nur Anwohner-Plätze ringsum. Ein verzweifelter Anruf in der Botschaft wurde mit dem Tipp belohnt, im nahen IBIS-Hotel zu parken. Kurz davor fanden wir dann doch noch eine Lücke.
Die Lage der Frankfurter Botschaft ist schon toll. Vor dem neuen Westhafen-Wahrzeichen, dem “Gerippten” Sony-Hochhaus, nah am Main gelegen, hat man von hier einen wunderschönen Blick auf den Fluss. Was besonders am Abend sehr stimmungsvoll sein kann. Die Einrichtung ist stylish – und daher unbequem. Mit winzigen 50 × 50 cm messenden Tischlein werden möglichst viele Umsatz-Plätze geschaffen. Für schlanke Schickimickistangen aus den umliegenden Agenturen sicher ausreichend. Für unsere Schlemmerleiber leider beklemmend eng. Gerade mal 40 cm zum Nachbartischlein lassen mehr oder weniger nette Gespräche der Nachbarn zum Teil der eigenen Konversation werden. Der vorhandene Platz ist schick gedeckt mit Schottgläsern, Stoffserviette und komplettem Besteck. Kommt nun noch ein Teller dazu, fehlt der Platz für die eigenen Hände. Mit Brotkörbchen, Butterschälchen und Brottellerchen, einer Flasche Wasser und einem Teelicht kommt Beklemmung auf. Jetzt bloß keine Speise mehr, sonst müssten wir von den Knien essen!
Der Service ist sehr freundlich, zuvorkommend und frech: Auf meinen Wunsch nach dem reservierten Tisch kommt prompt die Gegenfrage: “Auch mit Stühlen?” Ich mag das. Es lockert die leicht steife, elitäre Athmosphäre und macht Laune. Kaum sitzen wir, läuft ein präzises Service-Uhrwerk ab. Getränke kommen umgehend, kurz danach Brot und (sehr dezent) gesalzene Butter. Ich werde allerdings nie verstehen, warum die Bütterchen immer tiefgefroren an den Tisch kommen müssen. Auch hier atomisiere ich das frische und sehr leckere Vollkornbrot mit den eisharten Butterkugeln.
Wir wählen unter zwei Hauptspeisen logischerweise jeder eine andere und freuen uns somit auf ein Aus-5-mach-6-Gänge-Menü. Es beginnt mit Büffelmozzarella und Olivetti-Tomate an Basilikum-Zitronen-Sorbet dazu Kamilleblüten-Karamell und Senf-Vinaigrette. Der Büffel war mir etwas zu fest, ich mag ihn cremiger, und den Tomaten fehlte das Aroma (warum kaufen die nicht bei ALDI die holländischen Cocktailtomaten, die sind richtig gut!?), aber das Sorbet war der Hammer! Genauso wie das Karamell und die Vinaigrette. Ein durchaus gelungener Einstieg also. Recht zügig danach ging es weiter mit einer Velouté von der Canellini-Bohnen mit Zitronen-Petersilienschaum in einer witzigen Suppenschale, die zwar das Auslecken verhindert aber das Auskratzen bis auf den letzten Tropfen hervorragend ermöglichte. Das Schäumchen ein Träumchen. Kurzes Päuschen und dann ein Rosenblütensorbet mit Chili und Kardamom. Eine überraschende arabische Note nach dem mediterranen Einstieg. Ich bin nicht so der Fan von rosenblütenschwangeren arabischen Desserts, aber hier passte es wunderbar, vorallem mit dem anregenden Chili. Der trockene Riesling von Markus Schneider dazu ein tolles Gespann. Kaum waren diese Aromen verklungen kamen die Hauptspeisen: geräucherte Barbarie Entenbrust mit Apfel-Calvados-Jus, Dörraprikosen, Kartoffelquader und gebratenem Radicchio, sowie Thunfisch in Piment d’Espelette mit Spinatpolenta und confierten Silberzwiebeln. Die Ente wunderbar rauchig und zart, das Jus samtig-fruchtig. Der Fisch auf den Punkt, fest im Biss; die Polenta überraschend (so kannte ich Spinat noch nicht) und die Zwiebelchen reinste Geschmacksperlen. Gottseidank war noch genug Brot übrig um damit die riesigen langen Teller blitzeblank zu putzen. Dazu gab es eine erstaunlichen Rosé, auch von Markus Schneider, dunkel wie ein echter Roter, aber trotz Vollmundigkeit federleicht und herrlich fruchtig. Ich mag die langen Kunstpausen zwischen den Gängen nicht. Angenehm, dass es hier in der Botschaft nur so flutscht, ohne den Eindruck zu erwecken, man wolle uns schnell wieder los werden. Das Dessert kam also verzögerungsfrei: Nuss Nougat-Crème Brulée mit Bergpfeffer und Clementinen-Granité. Eine Brulée auf “Schokopudding” hatte ich auch noch nicht, wunderbar! Dazu das frische Granité, eine Erd- und eine Kapstachelbeere, verbunden mit einem Schokostick passten herrlich dazu.
Alles in allem ein zauberhaftes Menü. Die Portionen übrigens recht großzügig für diese Klasse. Der Preis, regulär 115 Euro ohne Wein wäre mehr als angemessen gewesen. Dazu der aufmerksame, freundliche Service. Was will man mehr! Im Sommer locken auch bequemer aussehendes Gestühl und ein Strand. Jetzt frag ich mich nur noch, warum das Ganze Frankfurter Botschaft heißt. Ein so benanntes Lokal würde ich eher in Berlin oder München verorten. Dazu mit Frankfurter Küche. Aber hier, vor Ort, mediterran, mitten in Frankfurt? Was ist die Botschaft? Egal – wir kommen wieder.

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