Altes Weinkellerchen in Gelnhausen

GelnhausenEssen und TrinkenRestaurant

Auf der Suche nach einen richtig guten Restaurant in Gelnhausen sind wir Empfehlungen gefolgt und im Alten Weinkellerchen gelandet. Auf der Internetseite präsentiert sich das Restaurant ja vollmundig als gehobene Küche mit „Sternekoch“, was zwar noch keinen Stern verheißt, aber doch hoffen lässt. Das Ambiente ist einfach zauberhaft und passt wundervoll zur schönen Altstadt. Besonders abends, wenn alles stimmungsvoll beleuchtet ist und über allem die angestrahlte Marienkirche schwebt, fühlt man sich in einem anderen, vergangenen Jahrhundert.

Natürlich muss man diese Historismus mögen. Wer es lieber kühl durchgestyled liebt, ist im Alten Weinkellerchen am falschen Platz. Über enge Treppen geht es ins Untergeschoss des angegliederten Hotels in einen großen Gewölbekeller. Dunkle Wände, passende Dekorationen, ein bisschen viel Plastikefeu und viel schummriges Licht geben eine warme Athmosphäre. Die Tische sind alle festlich eingedeckt und die Gläser funkeln im Kerzenschein. 

Nur wenige Plätze waren besetzt. Da kann ich nur lächeln, wenn der Service einen zwar freundlich reserviert begrüßt, aber nach der Verrneinung der Frage nach Reservierung, fast schon entsetzt die Augen hochzieht und so tut, als müsse man nun alle Gäste etwas enger beieinander setzen, damit die Neuangekommenen auch noch ein Plätzchen bekommen. Ich erlebe das öfter. Wirkt aber wirklich lächerlich angesichts leerer Gasträume abends um 20 Uhr. 

Man nimmt uns die Mäntel ab und wegen der fehlenden Reservierung werden wir zur Strafe eine weitere Treppe nach unten gewiesen in ein kleineres Gewölbe – auch hier nur ein Pärchen an einem Tisch – und bekommen ein Zweiertischchen in der Ecke zugewiesen. Der Platz ist schön, man hat viel zu gucken. Der Tisch liebevoll eingedeckt, vorösterlich mit kleinem Nest voller Wachteleier. Wir sitzen unter einem kleinen Butzenfenster und es zieht etwas, Ich fühle am Fenster, da ist aber kein Lufthauch, im Gegenteil, das Fenster ist sogar angenehm warm. Aber die Wände aus Bruchstein haben Kälte gespeichert. Von zwei Seiten strahlen sie kühle Luft ab. Jetzt hätte ich gerne meinen Mantel wieder.

Der Service ist freundlich, bringt sofort den Gruß aus der Küche inform von frischem Weiß- und Körnerbrot, sowie kräftig angemachtem Kräuterquark. Er reicht die Menü- und Weinkarte, empfiehlt ausführlich und begeistert das Tagesmenü. Ich bin genauso begeistert und wähle den Pot au Feu von Edelfischen mit Flusskrebs, eine Fischvariation vom Lachs, Wolfbarsch und einem halben Hummer, danach die Sinfonie aus der Hauspatisserie von cremig bis fruchtig. Die Liebste eine schwäbische Maultaschensuppe, die Fischvariationen in Champagnersauce und Crepés mit frischen saisonalen Früchten und Eis.

Die Suppen kommen in großen, tiefen Tellern recht schnell, sind gut temperiert und schmecken hervorragend. Das Po au Feu wird von einem knallroten Flußkrebs bewacht. Viel Fisch ist allerdings nicht drin, dafür reichlich Salicornes. Die Maultaschensuppe glänzt dunkel und bedeckt die zahlreichen Maultaschenscheiben gerade so. Die Portionen sind also recht ordentlich. Die Stimmung steigt.

Das Timing ist perfekt, auf den Hauptgang müssen wir nicht lange warten. Die Teller sind groß und üppig belegt, in dieser Preisklasse oft nicht der Fall. Und auch die Optik stimmt. Wunderschön angerichtet ohne Dekorationsschnickschnack. Der Hummer macht natürlich was her auf dem Teller. Er war schon ausgelöst, die große Schere lag separat, schon geöffnet und das Fleisch lugte verführerisch daraus hervor. In der Mitte des Tellers ein riesiger Haufen dünner, flacher Bucantini, vermischt mit kleinen Gemüsestückchen. Darum sind drei Fischstücke ge- und mit Salicornes belegt. Der Anblick machte mächtig Appetit. Aber die Vorfreude wurde bald getrübt. Die Gabel blieb in den Nudeln stecken, sie klebten aneinander und ware viel zu weich. Die hätte man gleich nach dem Kochen mit dem Gemüse mischen sollen. So hatte es den Eindruck, dass sie schon etwas länger lagen und zusammenkleben konnten. Auch die Temperatur stimmte nicht. Alles bestenfalls lauwarm. Und obendrein lasch gewürzt, ein wenig mehr Salz hätte es schon sein können. Nächster Bissen: der Fisch. Er war noch ziemlich glasig für meinen Geschmack, hart an der Grenze zum Rohen. Und der erste Bissen steckte voller Gräten; hier lag ein schlecht filetiertes Stück. Die beiden anderen Fischteile waren zwar grätenfrei, aber genauso glasig.

Dann der Hummer. Das Schwanzstück widersetzte sich schon dem Fischbesteck. So einen zähen Hummer habe ich noch nie auf dem Teller gehabt! Natürlich hatte ich bei dem Preis keinen fangfrischen Hummer erwartet. Aber der Koch sollte schon wissen, wie man gefrorenen Hummer fachgerecht auftaut und verarbeitet. Dieser hier war ganz offensichtlich zu schnell aufgetaut und dann noch länger gekocht worden, als ihm gut tat. Lediglich das Scherenfleisch war einigermaßen weich.

Die Enttäuschung setzte sich bei den Fischvariationen der Liebsten leider fort. Sie mag keinen rohen Fisch und hatte deshalb wenig Freude. Die gleichen weichen Nudeln, viel zu kalt, mit einem laschen Champagnersößchen, dem eine ordentliche Reduktion auch besser getan hätte. Schade.

Das Dessert hat uns allerdings wieder versöhnt! Meine Dessert-Variationen waren sehr lecker. Eis- und Cassata-Varianten, ein leckerer Fruchtjoghurt, frische Früchte – schön anzuschauen und erst recht zu essen. Das Gleiche bei den Cremes der Liebsten. Mit einem Kritikpunkt: Um diese Jahreszeit (März) schmecken Erdbeeren und Kürbis nach Wasser. Hier wären die üblichen Exoten besser gewesen. Schade, dass von der Ananas nur eine hauchdünne Scheibe, durch die man durchsehen konnte, dabei war.

Fazit: Schöner Abend mit Schwächen, aber durchaus Potential. Pro: Tolles Ambiente, freundlicher, schneller Service, gute Weinberatung, gutes Preis-Leistungsverhältnis: 3 Gangmenü 39 € (mit Hummer 49 €), große Portionen, lecker angerichtet. Kontra: nicht alles ist perfekt, Hauptgang stark verbesserungswürdig. Am Schlimmsten aber fand ich, dass wir beim Gehen nach unseren Mänteln fragten und die Frage mit einem wortlosen Fingerzeig zur Garderobe beantwortet wurde! Ich bin nicht behindert und kann meinen Mantel auch selber holen und alt genug zum Selberanziehen bin ich auch. Aber wenn ich ihn beim Ankommen schon abgenommen bekomme, erwarte ich auch, dass man ihn mir beim Abschied bringt. So viel Zeit und Aufmerksamkeit kann schon sein. Ich will ja vielleicht wiederkommen …

Mein Beitrag zu Altes Weinkellerchen – Ich bin kritzlibaer – auf Qype

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