Von heißen Katzen und hungrigen Mägen

IMG_9684Wir lieben Musicals. Fast so sehr wie uns. Viele haben wir schon gemeinsam erleben können. Es gibt aber auch einige, die nicht jeder von uns gesehen hat. Das sind dann natürlich jene, die schon lange nicht mehr gespielt werden. Und so schauen wir uns in der Provinz um, ob dort nicht mal ab und zu sich ein Ensemble an ein Musical wagt. Cats ist der Klassiker der Musicals. Das wundervolle Stück von Andrew Lloyd Webber bereitete vor mehr als 20 Jahren den großen Musical-Hype in Deutschland vor. Damals war das noch nicht so mein Ding, deshalb verpasste ich dieses quirlige Spektakel. Nun entdeckte die Liebste, dass das Stadttheater Koblenz das Musical im Sommer auf der Festung Ehrenbreitstein openair aufführen würde. Sie war eine der Ersten an der Vorkasse und ergatterte zwei super Plätze zur Premiere in der 6. Reihe. Die Vorfreude war umso größer, als wir wussten, dass man mit einer Seilbahn vom Deutschen Eck aus über den Rhein auf die Festung fahren würde. Das musste ein grandioses Ereignis werden! Schnell noch ein Hotel gebucht und leckere Restaurants ausgesucht, die nach der Vorstellung noch geöffnet hätten. Jetzt war alles perfekt vorbereitet für ein perfektes Wochenende zu zweit (den kleinen Spanier hatten wir in einem Hundehotel untergebracht).

Was wir nicht im Griff hatten, war das Wetter. Wir haben so unsere Erfahrungen mit Openair. Meist ziemlich nasse. Aber es sah gut aus, je näher der Termin rückte. Zu gut. Hochsommer mit brutalen Temperaturen waren angesagt. Es sollte der heißeste Tag in Deutschland werden, der je aufgezeichnet wurde. Kein Problem, solange man im klimatisierten Auto gen Koblenz fährt. Am Mittag waren wir losgefahren, ohne Frühstück, nur mit einen Würstchen im Schlafrock von der Tanke im Bauch. Groß essen wollten wir im Kühlen nach der Vorstellung. Das Hotel Hommen, eine kleines, schnuckeliges 3-Sterne Hotel (vorbildlich: USB-Steckdosen an jeder Bettseite!!!), bot uns ein großzügiges Zimmer im Souterrain an, herrlich kühl im Vergleich zu allen anderen. Heiß wurde es der Liebsten allerdings ganz schnell wieder, als sie merkte, dass sie ihre Oberbekleidung (zum Wechseln und für die Premiere) die sie, auf einen Bügel gehängt, mitnehmen wollte, zuhause vergessen hatte.

Theoretisch hätte die Zeit gereicht, noch mal zurück zu fahren und die Klamotten zu holen. Ich bin ein liebender, geduldiger Mensch, der nichts aus der Fassung bringt. AUSSER SOLCHEN MOMENTEN! Aber ich liebe diese Frau und ich wäre gefahren, gestartet waren wir schon. Aber dann hätte nichts mehr passieren dürfen, kein Stau, keine Panne, nix! Und es wäre super stressig gewesen. Also haben wir’s dann doch gelassen. Und ebenso gelassen die Dinge genommen, wie sie sind. Darin sind wir zwei Verliebten ja geübt.

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Festung Ehrenbreitstein

Die Zeit haben wir uns an der Promenade mit literweise eiskalter Cola und einem miesen, überteuerten Stück Kuchen vertrieben. Dann frisch gemacht und zur Seilbahn gefahren. In gewohnter Weise haben wir dort direkt davor einen Parkplatz bekommen. Die Freude darüber sollte sich allerdings später trüben. Sanft schaukelten wir über Väterchen Rhein hinweg zur Festung herauf. Mit grandiosem Blick auf das Deutsche Eck, wo die Mosel sich mit dem Rhein einlässt. Mir war schon klar, dass die Festung ein großes Gelände ist. Dass es allerdings so weitläufig ist, hätte ich nicht gedacht. Es kommt einem auch weitläufiger vor bei 39 Grad im Schatten. Und Schatten gibt es nicht. Mir klebte binnen Minuten jeder Faden am Leib. Kurze Abkühlung boten nur die unterirdischen Gänge, wo es einigermaßen erträglich war. Nur sieht man dort nix außer Mauerwerk. Auf dem großen Exerzierplatz mit Blick über den Rhein ging dann ein kühles Lüftchen. Ohne das und ein eiskaltes Radler wäre ich buchstäblich weggeflossen.

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Blick von der Festung auf das Deutsche Eck

 

Und dann fühlte ich einen Tropfen auf der Stirn. Ein Vogel? Der Blick zum Himmel ließ mich wünschen, es wäre nur ein Vogel gewesen. Dicke dunkle Wolken zogen auf. Und passend dazu klingelte mein Handy: akute Unwetterwarnung! Oh nein! Wie ging das noch in Woodstock? „No rain, no rain, no rain!“ Wir dachten es uns ganz heftig. Möglicherweise hat es sogargewirkt. Es blieb bei einem kurzen Schauer.

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Gleich kracht es!

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Der Regen hätte uns auch gar nichts ausgemacht. Waren doch die ersten Reihen inkl. der Bühne noch überdacht. Die Bühne war als renovierungsbedürftiger Theatersaal gestaltet, im Gegensatz zum Original-Plot, der auf einer Müllhalde spielt. Keine schlechte Idee, denn diese Ausstattung bot genug Möglichkeiten für die wuselige Katzen-Choreografie. Und die hatte es in sich! Die Akteure hatten die Katzenmimiken und die Bewegungen perfekt einstudiert. Die kreativen Kostüme und die geniale Maske taten ein Weiteres, um das Spiel noch farbenfroher als das Original darzubieten. Ja, diese Kostüme! Nicht nur wunderschön, auch ziemlich aufwändig und mitunter ziemlich dick. Was müssen die Akteure geschwitzt haben! Wir hatten es da schon besser, gekühlt durch ein paar superhässliche Papierfächer wurde uns nur vom Zusehen heiß. Toll auch die Akustik. Ich hatte mit dem Schlimmsten gerechnet in den hallenden Gängen der Festung. Jedes Wort war klar zu verstehen und nichts war übersteuert. Schade nur, dass das Orchester erst zum Schlussapplaus zu sehen war. Der fiel im Übrigen genauso grandios aus wie die Aufführung. Nicht enden wollende Standing Ovations. Und natürlich Zugaben.

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Glücklich bedacht

Glücklich, erschöpft, verschwitzt und HUNGRIG fuhren wir mit der Seilbahn wieder in’s Städtchen hinab. Rein in’s Auto, Klima an und erst mal ein Restaurant in der Altstadt ausgesucht und in die Navi eingegeben. Raus aus der engen Parklücke und schon war’s passiert: touchè! Ich habs erst gar nicht gemerkt. Passanten machten uns aufmerksam: Ich hatte einem BMW den Kotflügel etwas umgestaltet. Also erst mal Polizei gerufen. Die Passanten beobachteten uns argwöhnisch aus ihrem Auto heraus, ob wir denn auch tatsächlich nicht abhauen würden. Die Polizisten waren dann recht nett, nahmen das alles auf, verwarnten mich mündlich unter Verzicht auf ein Bußgeld, weil ich so brav war und mich gemeldet hatte. Dabei wollte ich ja nur nicht wegen Fahrerflucht im Knast landen. Ohne die Liebste.

Nun war es doch ziemlich spät geworden. Also auf in die Altstadt. In Koblenz ist das auch so eine Art Bermudadreieck. Und rund herum nur Anwohnerparken. Alle Parkhäuser geschlossen oder besetzt. Viermal sind wir drum herum gekurvt und haben dann beschlossen, einen McD anzufahren. Als dann auch der zweite ohne Parkplatz war, sind wir frustriert auf die Autobahn und dort zu einem McD gefahren. Die Burger waren soooo beschissen, ich schwöre: Nie wieder!

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Schattiges Plätzchen, sonnige Liebste

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Vielversprechend …

Nach einer heißen Nacht sind wir ohne Frühstück los, um in einem netten Szene-Café in Koblenz zu brunchen. Doch das gleiche Spiel wie am Vorabend: Alle Parkplätze besetzt. Hungrig sind wir dann am Rhein entlang gefahren, in der Hoffnung, was Ansprechendes zu finden, um unseren Hunger zu stillen. Vergeblich: Überall Touri-Kacke. Und keine Parkplätze! Dann, gegen Mittag, in Boppard endlich ein leerer Parkplatz mit zwei leeren Plätzen unter einem Sonnenschirm direkt am Rhein! Zack, geentert! Nur zu Essen gab es (noch) nichts. Die Küche machte erst eine Stunde später auf. Den genialen Platz wollten wir aber auf keinen Fall aufgeben und so flirteten wir bei Cola und alkfreiem Radler, bis die Speisekarte kam. Die las sich recht ansprechend. Wir wählten beide ein Winzer-Kotelett mit Lauchrahm und Pommes. Ich hatte einen solchen Hunger, dass ich alles widerspruchslos in mich reinschaufelte. Das schreckliche Kotelett, leider aufgebacken mit pampiger Pannade und mit matschigen Röstzwiebeln verziert liegt mir heute noch im Magen.

Alles in allem also ein sehr zwiespältiges Wochenende: Einerseits mal wieder ein toller kultureller Genuss mit der Allerliebsten von allen. Und andererseits das Gefühl, kulinarisch komplett underfucked zu sein!