Wespenwaffe

Zurzeit schwärmen sie wieder. Die Wespen. Wir Menschen für sie leider nicht. Überall müssen sie ihren Rüssel reinstecken. Nervös fliegen sie um die Tische und Münder. Immer auf der Suche nach was Essbarem. Eigentlich ein netter Zug, für den gerade wir viel Verständnis aufbringen sollten. Tun wir aber nicht. Sie nerven.

Gottseidank gibt es eine Wunderwaffe. Man fange eine Wespe und interniere sie unter einem umgedrehten Glas. Sie wird darin herumfliegen und krabbeln und nach einem Ausweg suchen. Da sie ihn nicht findet, fängt sie an zu Schreien. Vermuten wir jedenfalls. Damit diese Schreie auch von anderen Wespen gehört werden können, stecke man einen flachen Löffelstiel so unter den Glasrand, dass dieser sich etwas anhebt und einen kleinen Spalt freigibt, der die Entsetzensschreie der Wespe heraus, die Selbige aber drinnen lässt. Und dann geschieht das Wunder: Innerhalb weniger Minuten ist das Zimmer, die Terrasse, der Balkon absolut wespenfrei! Und bleibt es ca. eine Stunde lang. In dieser Zeit baut die gefangene Wespe deutlich ab, ihre Schreie ermatten. Sensible Zeitgenossen mögen sie nun freilassen, herzlosere sie in ihrem Gefängnis verenden lassen. Auf jeden Fall braucht es frischen Wespenschreinachwuchs, soll die Waffe auch noch bis zum letzten Stück Pflaumenkuchen wirken.

Apfelsturm

Jeden Morgen, wenn ich mit dem Spanier die Wiesen unsicher mache, erlebe ich das Wunder der Apfelweinwerdung, Stufe 1, die Erschaffung des Rohstoffes. Kann mich kaum erinnern jemals eine solche Fülle dieses Aphrodisiakums erblickt zu haben. Die Bäume sind regelrecht überladen und scheinen kurz vor dem Explodieren zu stehen. Ich stelle mir vor, ein Wind käme auf und bliese mir eine Apfelwoge um die Ohren. Ich koste regelmäßig. Aber außer bester (fast schon zu guter) Verdauung und einem recht trockenen Mund ergeben diese Proben noch gar nichts. Sie verführen mich nicht. Vielleicht, weil meine Liebste zum Zeitpunkt der Experimente meist 30 Kilometer weiter östlich weilt. Wäre sie direkt neben mir, ich könnte für nichts garantieren.

Free

Heute war Free zu Besuch. Die etwas laufbehinderte Hundedame sucht ein neues Zuhause und wir eine passende Partnerin für Poco. Also war Hausbesuch angesagt, um erst mal die Chemie abzuklären. Um es kurz zu machen: Free kam, sah und siegte. Jedenfalls über Poco. Wie selbstverständlich nahm sie in seinem Körbchen Platz und zeigte allen, dass sie hier jetzt das Sagen hat. Poco wehrte sich verzweifelt mit den liebevollen Waffen eines Hundemannes. Vergeblich. Wo und wie er es auch immer anstellte, sie ignorierte ihn selbstbewusst und irgendwann war es ihr genug und sie ließ es ihn knurrend wissen. Der arme Kerl. Zu seinem Glück hat es bei uns einfach nicht „Zooom“ gemacht. Free ist ne ganz liebe, verschmuste Hundedame. Aber auch durch ihre lange Straßenerfahrung sehr eigenwillig. Und die Treppen wollten wir ihr auch nicht zumuten. So war es ein kurzer, etwas irritierender Nachmittag für uns alle. Die Suche geht weiter …

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Ritter der Tafelrunde

Warum arten unsere Verwandschaftsbesuche eigentlich immer in wahre Tafelschlachten aus? Irgend etwas ritterliches muss in uns stecken, dass wir uns meist um eine reich gedeckte Tafel scharen und reinhauen, als würde unsere Burg demnächst sieben entbehrungsreiche Jahre belagert werden. So war es auch vergangenes Wochenende in Harburg bei Schwiegermama.

Sie schwärmt genau wie wir von fetten Koteletts und so wollten wir ihr endlich mal diese fantastischen Stücke vom Schwäbisch-Halleschen Landschwein mitbringen. Wie oft hatten wir ihr den Mund gewässert mit unseren detailreichen Beschreibungen des breitesten Fettrandes, den sie sich nur vorstellen kann. Aber ausgerechnet die bestellten Koteletts waren diesmal nur sehr dürftig mit diesem Rand der Begierde bestückt. Sommersäue sind nicht so fett wie die im Winter, wo sie den Speck gut gebrauchen können.

Trotzdem waren die Koteletts eine Offenbarung: Groß wie Wagenräder, zart wie Marzipan und saftig wie Pfirsiche. Allein die Größe scheint den Eingeborenen im Ried fantastisch vorzukommen: Ein Freund von Amira, der zu Gast war, bemerkte trocken, so etwas kenne er nur von den Simpsons. Amira dagegen konnte sich gar nicht mehr wegen der glasierten Möhrchen einkriegen, die sie mit Stielansatz verputzte. Nur mein Kartoffel-Erbsenpürree mit Speckzwiebeln kam bei den spätzlegewöhnten Schwaben weniger gut an. Als Abschluss dann eine fluffige bayerische Creme mit fruchtiger Sauce von Amira gezaubert.

Abends Brückenfest in Harburg vor der tollen barocken Kulisse der Altstadt. Leider im Regen. Aber was solls: Innerlich wie äußerlich stark eingenässt und in Begleitung von jungem Gemüse lässt sichs besonders gut feiern.

Am Sonntag dann das typische Hausrezept der Familie: Soßknöpfle. Spätzle in Bratensoße mit Schweinebraten, Kartoffel-Gurkensalat und Bratensoße (diese reichlich, damit der staubtrockene Braten besser rutscht). Ein Gericht, mit dem ich so meine Probleme habe. Denn üblicherweise werden alle Komponenten auf dem Teller so zusammengemanscht, dass man meinen könnte, es sei schon einmal verdaut worden. Diesmal gab es zum Braten jedoch noch geschmorten Schweinebauch, eine köstliche Alternative, die mir das Essen rettete, zumal ich alles preussisch korrekt getrennt auf dem Teller platzierte.

Trotz vollen Bauches (und leider mit ihm) dann auf die Harburg, eine der besterhaltensten Burgen Deutschlands und endlich mal eine Führung mitgemacht. Die Führerin war absolute Spitze und hat uns das Leben in einer Burg so anschaulich vermittelt, dass ich anschließend froh war, unsere Tafelrunden doch besser in neuzeitlichem Luxus genießen zu dürfen. An der Seite des bezauberndsten Burgfräuleins, einer geborenen von und zu Froschkönigin.