Verfressene Weihnachten

Wie immer: Ein Fest der Sinne. Anders kenne ich es nicht (gottseidank – so vielen Anderen geht es nicht so). Dieses Jahr fördern die Kontraste die starken Eindrücke: Draussen bitter kalt, aber wunderschön, so lange man nicht fahren muss. Drinnen warm und kuschelig. Alle Lieben versammelt um brechend volle Tische. Immer wieder muss ich daran denken, wie dankbar und demütig ich sein muss, das so erleben zu dürfen.

Neben der Freude um das glückliche Zusammensein bleiben die kulinarischen und visuellen Eindrücke. Weihnachten war schon immer geprägt von Schlemmerei, dicht an der Grenze zu purer Völlerei. Aber diesmal haben wir eine gutes Maß gefunden. Eingestimmt Heiligabend mit Jakobsmuschelravioli und in Parmaschinken gebratenen Jakobsmuscheln an Safransauce war der richtige Appetit vorhanden auf kreative Plätzchen und ein tolles Weihnachtsmenü am ersten Feiertag im Frankenberger Raabennest: Apfel-Zwiebel-Sorbet auf mariniertem Lolle Rosso, in Whisky gebeizter Frischlingsrücken mit Pfefferkruste (mit Niedertemperatur stundenlang geschmort), dazu Rotkraiut mit Pflaumenmus und Schwarzen Johannisbeeren, abgeschlossen mit Ziegenfrischkäsemousse mit Erdbeer-Coulis. So ein Menü schmeckt lange nach. Muss es auch, denn bald ist wieder Askese angesagt.

Italienische Weihnachten

Der Termin war lange gebucht. Meine Kollegen, ihre Partner und wir freuten uns schon drauf: Das jährliche Weihnachtsessen der Firma. Die Frage war nur, ob wir überhaupt heil nach Walldorf ins La Fattoria kommen würden. Denn diesmal machte der Winter seinem Namen alle Ehre und schickte all den Schnee, der die vergangenen 10 Jahre nicht gefallen war offenbar ins Rhein-Main-Gebiet. Mit Ausnahme von Samstag, den 18. Die Liebste erbot sich und ihre Suzie, ihren Wolpertingerprinzen zu fahren, auf dass dieser ein wenig dem Wein zusprechen konnte. So begann der Abend schon mal ganz nett zu werden.

Am festlich geschmückten Tisch warteten schon meine lieben Kollegen und ihre Angetrauten in bester Laune. Die Stimmung war ganz offensichtlich besser als die Lage, das lässt ja hoffen. Im Gegensatz zu den letzten Jahren hatten wir keine Experimente mehr eingehen wollen und waren in „unseren“ Italiener eingekehrt, einer der besten im Rhein-Main-Gebiet. Alle waren gespannt, ob das sorgfältig ausgewählte Menü halten würde, was wir erwarteten. Die Weinwahl fiel mir nicht leicht, da die Auswahl groß, meine Kenntnisse allerdings dürftig waren. Mutig setzte ich auf einen Vernaccia di San Gimignano zu den Vorspeisen und einen Brunello di Montepulciano zum Hauptgang. Und gewann. Und dann wurde aufgetischt:

Thunfischtatar auf Safranrisotto

Entenravioli in Paprikasauce

Gegrillter Steinbeißerspieß mit Parmaschinken

Lammrücken mit Olivenkruste

Ziegenkäsemousse auf Himbeercoulis und Himbeeren

Jedes Gericht war grandios. Der Höhepunkt kam aber zum Schluss: Die Mousse war zum Reinlegen! Gemeinsam hatten wir dann den Koch gefesselt und gekitzelt, bis er das Rezept rausgerückt hat. Dreimal darf man nun raten, was es bei uns Weihnachten zum Dessert gibt. Die Ziegenfrischkäsevorräte im Main-Kinzig-Kreis sind schon geplündert.

Der Abend war wunderbar. Ein tolles Essen, herrlicher Wein, liebe Kollegen, gute Gespräche. Was will man mehr? Heimgefahrenwerden! Weil eines der zahlreichen Weinchen nicht so gut war. Die Liebste mit ihren neuen Schneemann-Ohrringen erledigte das souverän. Nicht mal der einsetzende Schneefall ließ sie die Contenance verlieren. Sicher hat sie uns ins Bettchen gebracht. Jetzt freuen wir uns auf ganz entspannte Feiertage mit viel Genuß bei den Lieben. Sofern der Winter mal ne Pause einlegt.

Zauberhafter Abend

Lange war nicht klar, ob wir die Bahn würden bemühen müssen, uns nach Fulda direkt vor die Esperanto-Halle zu bringen. Schließlich waren erneute Schneefälle und Glatteis angesagt. Aber der Tag hatte wunderschön begonnen. Gleißende Sonne, klirrend kalte Luft, trockene Straßen. Beste Voraussetzungen der teuren Bahn zu entgehen. Nur geparkt haben wir auf einem ihrer Parkplätze, kostenlos natürlich ;-).

Hans Klok, der holländische Magier, war mit seiner Weihnachtsshow in Fulda. Meine Liebste hatte mir den Abend zu unserem Fünfjährigen geschenkt. Obwohl wir fast eine Stunde zu früh kamen, war das Foyer schon proppevoll. Die meisten hatten wohl Schneechaos eingeplant. Also flanierten wir durch die Massen. Wir beiden sind ja nun mal zwei richtige Augensterne, die Liebste mit ihrem feuerroten Köpfchen, den strahlenden Augen und den witzigen Schneemann-Ohrhängern und ihr bebarteter Bodyguard. Wir werden ungeniert betrachtet. Nichts ist schöner als zurück zu gaffen. Und über Leute zu lästern. So fängt der Abend gut an.

Die besten Plätze waren schon vergeben, trotzdem war die Bühne nicht allzu weit entfernt für Hans Kloks furiose Magic-Show. Der Meister begrüßt das Publikum, das er in zwei Kategorien aufteilt: diejenigen, die fasziniert die Show betrachten wollen (offenbar die Minderheit, dem Klatschen nach zu urteilen) und dem Rest, der nur wissen will, wie er das macht. Frenetischer Beifall scheint ihm Recht zu geben. „The fastest Magician ever“ nennt er sich und er macht diesem Namen alle Ehre: Die Effekte und Tricks kommen fast im Sekundentakt, unterstützt durch wirbelnde Tänzerinnen. Die Tricks sind zwar fast immer die gleichen: Er lässt seine sexy Assistentinnen schweben, irgendwie verschwinden, zersägt oder durchsticht sie und wechselt mit ihnen seinen Platz. Das alles hat man schon hundert Mal gesehen. Aber nirgendwo so spektakulär wie bei Hans Klok. Dazwischen poetische Reminiszenzen an längst verstorbene Groß-Magier wie den großen Houdini z.B.. Und einen sehr komischen Pausenclown-Magier. Zweieinhalb unterhaltsame Stunden grandioser Magie.

Nun sollte planmäßig ein indisches Mahl den Abend beschließen. Es war aber schon viertel vor elf und vermutlich hatte das von der Liebsten ausgesuchte Lokal schon geschlossen. Bevor wir uns einem Fastfood ergeben hätten, wollten wir aber unser Glück versuchen und fuhren zum Phulkari in der Kurfürstenstraße 2. Noch war es erleuchtet, aber kein Gast mehr zu sehen. Auch an der Theke kein Mensch. Dafür Tellergeklapper aus der Küche. Wir machten uns bemerkbar und fragten den erscheinenden Chef, ob denn schon geschlossen sei. Ja, sagte der, eigentlich machten sie um 23 Uhr zu aber wir könnten gerne noch was bekommen. Die Küche war so offensichtlich mit Aufräumen beschäftigt, dass wir zunächst dankend ablehnten und uns zu Gehen wanden. Aber Gurinder Singh ließ jetzt nicht locker: Wir würden überhaupt keine Umstände machen. Auf unsere Frage, was denn noch zu Essen zu bekommen sei, strahlte er uns an: Was immer wir haben wollten, er würde es uns machen. Wir nahmen Platz, noch etwas unsicher, denn mit einer so freundlichen Reaktion hatten wir nicht gerechnet. In einem deutschen Lokal wären wir wahrscheinlich mit einem unwirschen Blick auf die Uhr schon längst hinaus befördert worden. Herr Singh zündete uns eine Kerze an und entschuldigte sich noch, dass er im restlichen Lokal schon mal das Licht ausmachen würde. Das solle auf gar keinen Fall eine Aufforderung sein, uns zu beeilen.

Was wir natürlich trotzdem taten. Schnell war aus der reichhaltigen Karte was Leckeres gewählt und es dauerte nicht lange, bis ein frischer Salat vor uns stand. Mit einem köstlichen Joghurt-Dressing, das uns geschmacklich schon mal auf Indien einstimmte. Dazu ein würziges indisches Bier. Dann kam eine riesige Platte mit duftendem Basmati, zartem Nan-Brot und zwei Schalen mit unseren Gerichten, einem Schweinefleisch-Vindaloo mit Ingwer und Safran und einem Lamm-Chili. Herr Sing hatte uns vorsichtshalber vorher gefragt, ob es denn auch richtig scharf sein dürfe. Bei mir durfte es das natürlich. Und es war einfach köstlich! So saßen wir beiden Verliebten bei einem außergewöhnlich guten, exklusiven, späten Candellight-Dinner, ließen die Show Revue passieren, die Curries uns die Zungen verwöhnen, den Bauch wärmen und die Magie war in uns. Der Koch bekam ein extra Trinkgeld, was ihn sichtlich freute, und der Patron noch einmal unseren Dank für diesen freundlichen Empfang und die tolle Bewirtung. Danke Hans, danke Gurinder, danke meine Liebste für diesen zauberhaften Abend!

© www.hansklok.com

Saisoneröffnung

1 Grad minus. 1. Advent. Drinnen wohlige Wärme und ein reich gedeckter Adventskaffetisch. Draussen frieren die Vögel. Mit sehnsüchtigen Äuglein hocken sie am Fenster und schauen uns neidisch zu. Ihr Tisch ist ziemlich leer. Wir konnten die vorwurfsvollen Blicke nicht länger ertragen. Nun ist also die Herberge zum armen Piepmatz eröffnet und wir könne unseren Stollen und die Printen ohne schlechtes Gewissen genießen. Ich staune über die Verfressenheit der Viecher: Kaum eine Minute nach Aufhängen der leckeren Knödel balgen sich schon die Ersten um die besten Plätze. Wir haben da wohl einen gemeinsamen Wesenszug.

Fressorgie 2.0

der Drittgeborene lud den inneren Kreis zu einem bescheidenen Geburtstagsmahl ein. „Nur ein paar Tacos“ hatte er sich gewünscht. Für sechs Personen eigentlich eine lösbare Aufgabe. Wenn man denn hätte abschätzen können, was jeder der verfressenen Raaben so alles vertilgen würde. Sieht man den Einkaufszettel durch, scheint noch alles im Normbereich. Beginnt man jedoch die Zutaten einzukaufen, kommen erste Zweifel. 150 g Rinderhack für jeden erscheinen plötzlich viel zu wenig. 50 g Cheddar ein Witz. So landen dann fast 2 Kilo Fleisch im Wagen, vom großen Käseleib nimmt man die Hälfte (die größere, versteht sich!), Unmengen Tomaten (wie sinnvoll im November!), Salat, Mais, Jalapenos, rote Zwiebeln, Gurken in rauen Mengen. Maisfladen? Sechs Stück pro Nase! Eine halbe Tonne saure Sahne und Joghurt für die Sour Cream. Nur bei den Avocados für die Guacamole war Sparen angesagt: Nur zwei waren halbwegs reif genug. Dazu noch eingelegte Pepperoni, Oliven und zwei Sorten Chilisauce. Und als Dessert noch das beliebte Mandarinensorbet mit Campari. Bier, Wein, Soft- und Harddrinks hektoliterweise. Chips hatten die Kids auch noch mitgebracht (gegen die nachmitternächtliche Unterzuckerung). Es würde knapp werden… Und es kam, wie es kommen musste: Obwohl alle reinhauten, als gäbe es nie wieder etwas zu essen, blieb gut die Hälfte der Taco-Füllung übrig. Die Maisfladen waren so gut wie weg.

Der Morgen (besser: der Mittag) fand dann eine ausgehungerte Meute vor. Frühstück à la Raaben war angesagt: Brötchen, Rhöner Ziegensalami und Ahle Worscht, Metzgerschinken, Alpenspeck, Spianata Romana, Fleischsalat, frisches Mett mit Zwiebeln, gekochte Eier, Lachs, Knoblauchgarnelen, gefüllte Pepperoni, Bärlauch-Frischkäse, Ziegen-Camembert, Birnenmus mit Safran und Pepperoni, Ingwer-Marmelade, Weintrauben. Ein bescheidenes Morgenmahl. Dauer: 2 Stunden. Danach Mittagsschläfchen und Vorfreude auf Cappucchino mit Rüblikuchen. Und das Abendbrot nicht vergessen. Ach, das Leben kann unmäßig schön sein!

Epilog: Kaffee und Kuchen fielen dann doch wegen eines heftigen Scrabble-Nachmittags aus. Und die Taco-Reste mutierten später zu mexikanisch angehauchtem Ragù alla bolognese und Salat. Der Rüblikuchen, frisch aus dem Kühlschrank, gab das perfekte Dessert. Schade, dass das Zweitkind nebst Liebstem fehlte. Dann wäre der Clan komplett gewesen. Wunderschön war’s allemal. Blöd, dass die Fortsetzung, die Geburtstagsorgie fürs Erstgeborene, wegen Terminproblemen aller Beteiligten vermutlich ins neue Jahr verschoben werden muss. Aber es gibt ja noch Jesu Geburtstag …

Karin Masja Phil Alec Kathi Poco

Fressorgie

Das zweitgeborene Küken rief zur Geburtstagsfeier ins Schwäbische Exil bei der Oma. Und die üblichen Verdächtigen kamen in Scharen. Diesmal auch die beiden anderen Nachwuchsvögel. Und ein ganz neues Küken, das dem Zweitküken nicht von den Federn wich. Das Motto lautete „Raclette“. Was bei der schwäbisch-hessischen Melange allerdings nicht mehr viel mit dem Schweizer Original gemein hat. Außer vielleicht dem Spaß an der Freud. Zu den üblichen Käsesorten gesellen sich nämlich hier noch etliche andere Leckereien. Und obendrauf – wörtlich genommen – kommt noch diverses Fleisch. Sogar Meeresgetier wurde gesichtet. Bei dieser Vielfalt der Genüsse muss der Tisch Meisterleistungen der Logistig folgen: zweistöckig angeordnet war fast alles unterzubringen. Nur das Brot fand keinen Platz mehr. Dem Schicksal des Brotes folgten dann sukzessive die Teilnehmer der Orgie, die gegen Ende zunehmend unter Platz!-Not litten. Und wie immer schworen sie sich, nie, aber auch wirklich nie mehr so viel zu essen. Na dann … die nächsten Feiern stehen bald an.

Oktoberfest, snobistisch

200 Jahre Oktoberfest – und wir sind in München! Endlich mal wieder eine Gelegenheit, das größte Drogenfest der Welt hautnah mitzuerleben. Der unglaubliche Genuß, den einzigartigen Duftmix aus Bier, Steckerlfisch, Urin und Erbrochenem einatmen zu dürfen. Das erhebende Gefühl im Gewühl, Rempeleien im Bierzelt, die Maß Bier zu 9 Euro kaufen und doch nur bestenfalls 0,3 Liter genießen können, Meganepp und -Nippes, Krachlederne in Turnschuhen und up-gepusht wogende Dirndl, Ringelpietz mit Angrapschen und königlich-mallorcinische Ballermannweisen. Nichts kann das toppen!

Die Entscheidung war schmerzlich aber irgendwie auch sehr snobistisch: Zur Wiesnzeit in München zu weilen und doch nicht hinzugehen! Außerdem hatten wir das Vergnügen, statt dessen mit bajuwarischen Eingeborenen auf ein Fünftziges anzustoßen. Und zwar dermaßen deftig zünftig, dass keine Wünsche übrig blieben. Dank Gitti und Bayerns Top-Caterer hatten Mensch und Tier ihre Freude. Das Bierangebot war umwerfend, der Barolo zum niederknien. Am meisten Spaß hatte unser kleiner Spanier mit Rolle, einer sub-aparten Dackelmixdame. Die beiden kümmerten sich hingebungsvoll der Tellerwäscherei, sofern sie nicht mit den zahllosen Kindern rumtollten oder sich auf den Biertischbänken ein kurzes Nickerchen gönnten. Da konnte selbst die Hausherrin Sandy, eine Retrievermixhündin, die etwas eifersüchtig ihre Pfründe verteidigte, nichts mehr gegen ausrichten. Das zeitweilige, wütende Bellen ging sowieso im Rhythmus der Musik unter, die unsere sportlichen Tanzbeine schwingen ließ. Schön, mal wieder mit der Liebsten gemeinsam auf der Tanzfläche zu hüpfen. Alles in allem ein schönes Fest. Who, the fuck, is Oktoberfest?

Magere Zeiten

Nicht nur, dass unsere Körper (im Gegensatz zu unserer Liebe) ständig abnehmen. Nein, auch die Tomatenernte fällt dieses Jahr mager aus. Ideal gestartet, hat sich das Wetter gegen sonnenhungrige Früchte gewendet. Mit ganz viel Liebe aus Samen gezogen, zwischenzeitlich durch übermäßiges Gießen fast abgesoffen, dann wieder aufgerappelt und viele Früchte zeigend, sind die Tomatenpflanzen dann doch noch einem kleinen Sturm erlegen. Gut die Hälfte der Pracht purzelte grasgrün auf dem Balkon rum. Jetzt sind sie wieder eingefangen und erholen sich auf der Intensivstation, liebevoll gepäppelt und angeleitet von ein paar frühreifen Exemplaren. Aber es hilft ihnen nichts: Sie landen in unseren Mägen. Denn Liebe geht bekanntlich genau dadurch.

Überfall der Heuschrecken

Das Klischee vom darbenden, asketischen Studenten wurde am Freitag mal wieder von den Kids ad adsurdum geführt. Zu viert fielen sie bei uns ein wie weiland die Heuschrecken in’s gelobte Land. Wir hatten zum Grillabend geladen und vereinbart, dass nichts, außer Flüssigem und guter Laune, mitzubringen sei. Angesichts des bekannt guten Hungers des Nachwuchses hatten wir entsprechend eingekauft. Aber schon die erste, die dem Treppenhaus entstieg, trug einen großen Einkaufskorb vor sich her. Sie hatten am Vorabend auch gegrillt und brachten nun die ansehnlichen Reste mit. Dazu ein paar Kleinigkeiten für ein nachzuholendes Mittagsmahl. Kaum waren alle in der Hütte, wurden Brötchen geschmiert, mit allerlei Leckereien belegt und hungrig vertilgt. Mein Einwand, wir würden doch gleich grillen wurden mit einem genervten „Ach, Pappi! Wir haben doch so einen Hunger!“ abgetan. Ich hatte den ganzen Tag gefastet, um trotz Abnehmkur gut mithalten zu können und war nun entsprechend hungrig. Lange musste ich aber nicht warten: Exakt eine Stunde später kamen die ersten Unmutsäußerungen, warum denn der Grill noch nicht brennen würde.

Von da ab ging es bis kurz vor Mitternacht: Eine Leckerei nach der anderen kam auf den Tisch. Sardinen, Eitrige, Merguez, Grillfackeln, Schweinebauch, Hähnchenschenkel und Spare Ribs maßen sich mit deftigem Nudelsalat nach der Liebsten Rezept, Kartoffel- und Gurkensalat mit Feta von Phil und einem genialen, pikanten Wassermelonensalat. Ich staune immer wieder, was in die Bäuche unserer Kleinen rein passt. Natürlich kam auch der kleine Spanier nicht zu kurz, obwohl das aus seiner Sicht natürlich ganz anders aussah. Gefehlt hat nur noch das Pforzheimer Kind und seine neue Eroberung. Dann allerdings wären wir komplett kahl gefressen worden. So blieb ein bescheidener Rest übrig. Von dem wir Samstag, Sonntag und vermutlich Montag zehren werden.

Schlaraffenland

„Um das ganze Land herum ist aber eine berghohe Mauer von Reisbrei. Wer hinein oder heraus will, muss sich da erst überzwerch durchfressen.“ Ludwig Bechstein, Das Deutsche Märchenbuch, 1845, Das Märchen vom Schlauraffenland

An das Märchen musste ich heute Morgen denken, als ich die Liebste in’s Büro verabschiedete und mit dem kleinen Weltmeister Gassi gehen wollte. Unser Eingang ist mittlerweile fast zugewachsen. Wer uns besuchen will, wird sich bald durch fressen müssen. Nicht durch klebrigen Reisbrei, aber durch Tonnen von knackigen Zucchini und Tomaten. Schlaraffenland remastered, sozusagen. Zeitgemäß auf die Linie achtend nacherzählt. Und das passt ja nun wirklich, wo wir doch gerade unser Abnehm-Programm durchziehen.

„Die alten und garstigen …Frauen… (denn ein Sprichwort sagt: wenn man alt wird, wird man garstig) kommen in ein Jungbad, damit das Land begnadigt ist; das ist von großen Kräften; darin baden die alten Weiber etwa drei Tage oder höchstens vier, da werden schmucke Dirnlein daraus von siebzehn oder achtzehn Jahren.“

Unser Jungbrunnen heißt Sportstudio. Wir baden darin zweimal die Woche und sind auch schon ein paar Tage jünger geworden. Zumindest fühlen wir uns so (gut: nicht direkt nach dem Sport, da ist es eher umgekehrt). Die Liebste werde ich allerdings schon weit vor Erreichen der 30-Jahre-Marke aus dem Bade entfernen. Sonst komme ich da einfach nicht mehr mit. Hinter jungen Dingern her rennen zu müssen widerspricht ja auch dem schlaraffenländischen Grundgedanken.

„Die Spanferkel geraten dort alle Jahre überaus trefflich; sie laufen gebraten umher und jedes trägt ein Tranchiermesser im Rücken, damit, wer da will, sich ein frisches saftiges Stück abschneiden kann.“

Nun gut, bei uns ist es ein Hund. Und gebraten ist er auch noch nicht. Für Koreaner wäre er ja das passende Equivalent zum Schweinchen. Wir lieben zwar die asiatische Küche und haben unseren kleinen Spanier auch zum Fressen gern. Und manchmal wünsche ich ihn auf den Grill, den alten Satansbraten, wenn er nicht hören will. Trotzdem ist er als Nahrung tabu. So ist unser Schlaraffenland wohl noch nicht ganz perfekt. Aber wir arbeiten daran …